"Wir konnten die wichtigsten unserer Anliegen durchsetzen", und es sei notwendig "derzeit keine Pressearbeit zu diesem Thema zu machen", heißt es in dem internen E-Mail an die wichtigsten Vertreter der Wirtschaftskammer, der Fachverbände und an Industrieunternehen wie OMV oder Verbund. Verschickt wurde es am 9. Mai, wenige Stunden nachdem der Ministerrat ein völlig anderes Umwelthaftungsgesetz passieren ließ als ursprünglich geplant war. Insgesamt werden in der E-Mail der Wirtschaftskammer elf "Verbesserungen" aufgelistet. Von besonderer Tragweite sind folgende Punkte:

 

 

Industrie macht Umwelthaftungsgesetz:

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Diese Formulierung bedeutet insbesondere für die in Österreich nur versteckt agierende Gentechnik-Lobby einen Sieg: denn im Schadensfall wird sowohl der Gentechnik-Konzern als auch der verantwortliche Bauer aus jeder Haftung entlassen, falls eine behördliche Gehnehmigung für den Anbau vorliegt und die Auflagen eingehalten wurden. Denn "der Stand der offiziellen Wissenschaft" ist ja nach wie vor, dass die Gentechnik am Acker ungefährlich ist. Wenn Sie es untragbar finden, dass Umweltgesetze von der Industrie gemacht werden, schreiben Sie Leserbriefe an Zeitungen und protestieren bei den zuständigen Politikern per Telefon, Fax oder Brief. Wenden Sie sich auch an ihre regionalen politischen Stellvertreter und Medien!

So wird jede Umwelthaftung zum Phantom

Von Klaus Faißner

Wenn Politiker der großen Koalition- insbesondere der ÖVP - behaupten, Österreich hätte gar nicht die Möglichkeit ein strengeres Umwelthaftungsgesetz (UHG) zu beschließen, so ist das eine Lüge. Ganz im Gegenteil: Österreich hat offensichtlich versucht, als erstes Land der EU von den in der EU-Richtlinie enthaltenen Ausnahmeregelungen zur totalen Verwässerung der Umwelthaftung Gebrauch zu machen. Der Jurist Christoph Palme vom Insitut für Naturschutzrecht in Tübingen, einer der international versiertesten Experten auf dem Gebiet der Umwelthaftung, läßt kein gutes Haar am österreiischen Gesetzesentwurf:

"Wenn dieses Gesetz so durchkommt, bedeutet es de facto das Ende jeder Umwelthaftung, insbesondere für GVO, bevor sie überhaupt begonnen hat. Die sog. permission defense bedeutet im Endeffekt nichts anderes als eine Freistellung von der Haftung. Denn nach dieser Normalbetriebeinrede sollen Schäden, die durch den üblichen zugelassenen Betrieb einer Anlage entstehen, zu keiner Haftung führen. Beispiel: Sie bringen eine gentechnisch veränderte Pflanze auf den Markt, die von der Europäischen Lebensmittelbehörde genehmigt wurde. Entstehen durch diesen GVO Schäden in der Natur, etwa durch Verdrängung anderer Arten, haftet das Gentechnik-Unternehmen dafür nicht." Ähnlich verhalte es sich mit der Abwälzung des Entwicklungsrisikos, erklärt Palme: Demnach "sollen diejenigen Schäden, die bei den Risikostudien als unwahrscheinlich angesehen werden, nicht vom Betreiber getragen werden. Beispiel: bei der Zulassung eines GVO ergeben die von Monsanto durchgeführten Studien, dass es wahrscheinlich nicht zu Biodiversitätsschäden durch das Produkt kommen wird. Kommt es nun aber doch zu Schäden, ist Monsanto aus der Haftung raus. Mit diesen zwei Freistellungen wirde jede Umwelthaftung zum Phantom."

Aber es kommt noch dicker, deckt der Experte auf: "EU-rechtlich kann zwar die Haftung des Betreibers ausgeschlossen werden, nicht aber die Verpflichtung zur Sarnierung der Schäden. Beispiel: kommt es in den genannten GVO-Fällen zu Schäden, sind sie trotzdem zu beheben. Nur zahlt die Zeche hierfür eben der Staat: Privatisieren von Gewinnen - sozialisieren von Schäden."

(Neue Argumente/Aug.07)