Zum Laval-Urteil des EuGH: Nur Mindestlöhne schützen vor Lohndrückerei

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat sich im Dezember in einem Grundsatzurteil zum Verhältnis von nationalem kollektiven Arbeitsrecht und Europarecht geäußert. Dem Urteil ging eine Klage des lettischen Bauunternehmers Laval voraus. Laval setzte im Jahr 2004 entsandte lettische Arbeitnehmer auf einer Baustelle in Schweden ein. Die Entlohnung erfolgte gemäß den lettischen Tarifverträgen. Schwedische Baugewerkschaften haben dies als Lohndumping aufgefasst und versuchten Laval dazu zu bewegen, gemäß den schwedischen Tarifvereinbarungen zu zahlen. Zur Durchsetzung ihrer Forderungen blockierten sie die Baustelle in Schweden.

Der EuGH erkannte in seinem Urteil das Grundrecht auf Streik zwar ausdrücklich an, allerdings nur, um es im Anschluss gleich wieder in rechtlich höchst fragwürdiger Weise zu beschränken. Die Richter vertraten die Auffassung, dass ein Streik keine der vier - vorrangig wirtschaftsorientierten - Grundfreiheiten der Europäischen Union (Warenverkehrsfreiheit, Dienstleistungsfreiheit, Personenverkehrsfreiheit und Freiheit des Kapitals- und Zahlungsverkehrs) einschränken dürfe. Es sei daher unzulässig, wenn eine nationale Gewerkschaft eine ausländische Firma dazu zwänge, ihren entsandten Mitarbeitern den ortsüblichen Lohn zu zahlen. Der Vorsitzende der Sozialdemokratischen Partei Europas (SPE), Paul Nyrup Rasmussen, zeigte sich über diese Entscheidung tief enttäuscht: "Dies ist ein trüber Tag für das soziale Europa, dies ist ein trüber Tag, der dazu führt, dass schlechte Arbeitgeber und Lohndrücker geschützt werden." Rasmussen sieht vor allem die Gefahr, dass sich bei den Bürgerinnen und Bürgern der Eindruck verfestige, dass Europa an einem Wettbewerb zwischen den Beschäftigten mehr interessiert ist als an einer Erhöhung des Lebensstandards für alle.

Immerhin ließen die Richter eine Hintertür offen. So können Länder im Rahmen des Entsendegesetzes Mindeststandards festlegen, die auch von ausländischen Unternehmen nicht unterlaufen werden dürfen. Dies heißt in letzter Konsequenz, dass nun kein Weg mehr an gesetzlichen Mindestlöhnen vorbeiführt. Die CDU/CSU muss sich nun endlich sachlich mit dem Thema auseinandersetzen und der deutschen Öffentlichkeit reinen Wein einschenken. Wer angesichts offener Arbeitsmärkte in Europa Mindestlohnregelungen verweigert, organisiert Lohndumping und sozialen Abstieg. Wer eine funktionierende Wirtschaft mit anständigen Löhnen will, muss das Entsendegesetz auf alle Branchen ausweiten und gesetzliche Mindestlöhne einführen.

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