Die Grundrechtecharta ermöglicht ausdrücklich in den aufgenommenen
"Erläuterungen" und deren "Negativdefinitionen" zu den Grundrechten,
entgegen der durch das Menschenwürdeprinzip gebotenen Abschaffung der
Todesstrafe in Deutschland )Art. 102 GG = Grundgesetz), Österreich und
anderswo, die Wiedereinführung der Todesstrafe im Kriegsfall oder bei
unmittelbarer drohender Kriegsgefahr, aber auch die Tötung von Menschen, um
einen Aufstand oder einen Aufruhr niederzuschlagen.
Maßgeblich dafür ist nicht Art. 2 Abs. 2 der Charta, der die Verurteilung
zur Todesstrafe und die Hinrichtung verbietet, sondern die in das
Vertragswerk aufgenommene Erklärung zu diesem Artikel, die aus der
Menschenrechtskonvention von 1950 stammt. Nach Art. 6 Abs. 1 UAbs. 3 EUV
(=EU-Verfassungsvertrag( in der Lissabonner Fassung (="Reform"-Vertrag)
werden die Rechte, Freiheiten und Grundsätze der Charta gemäß den
allgemeinen Bestimmungen von Titel VII der Charta, in dem die Auslegung und
Anwendung derselben geregelt ist, und unter gebührender Berücksichtigung der
in der Charta angeführten "Erläuterungen", in denen die Quellen dieser
Bestimmungen angegeben sind, ausgelegt.
Die rechtliche Relevanz der "Erläuterungen" folgt auch aus Absatz 5 S.2 der
Präambel der Charta, wonach deren Auslegung "unter gebührender
Berücksichtigung der Erläuterungen" erfolgt, "die unter der Leitung des
Präsidiums des Konvents zur Ausarbeitung der Charta formuliert und unter der
Verantwortung des Präsidiums des Europäischen Konvents aktualisiert wurden",
und noch mehr aus Art. 52 Abs. 3 der Charta, wonach Rechte der Charta, "die
den durch die Europäische Konvention zum Schutz der Menschenrechte und
Grundfreiheiten garantierten Rechten entsprechen", "die gleiche Bedeutung
und Tragweite haben, wie sie Ihnen in der genannten Konvention verliehen
wird".
Absatz 7 de Art. 52 wiederholt die Pflicht der Gerichte der Union und der
Mitgliedsstaaten, die "Erläuterungen, die als Anleitung für die Auslegung
der Charta S. 2 der Präambel und Absatz 7 des Art 52 sind erst am 12.
Dezember 2007 in die Charta (wieder) aufgenommen worden. Sie standen schon
im gescheiterten Verfassungsvertrag vom 29. Oktober 2004. Zwischenzeitliche
Politik gegen die Ermöglichung der Todesstrafe und Tötung ist jedenfalls
durch diese Texterweiterung dementiert. Die "Erläuterungen" betreffen auch
und gerade Art. 2 Abs. 2 der Charta 1).
Die Ermächtigungen der Union im Bereich der Gemeinsamen Außen- und
Sicherheitspolitik genügen, um im Interesse der Effizienz der Missionen nach
Art. 28a (42) Abs. 1 S.2 und Art. 28b (43) Abs. 1 EUV oder auch der
Verteidigung die Todesstrafe einzuführen, etwa die Ermächtigung des Rates
durch Art. 28b (43) Abs. 2 S.1 EUV in Beschlüsse über Missionen "die für sie
geltenden allgemeinen Durchführungsbestimmungen festzulegen". Daran sind
weder das EU-Parlament beteiligt noch gar die nationalen Parlamente und
somit auch nicht die Bürgerinnen und Bürger der Union. Ein solcher Beschluss
wäre an dem Art. 2 Abs. 2 der Grundrechtecharta mit seiner Erläuterung zu
messen.
Im übrigen verpflichten sich die Mitgliedstaaten durch Art. 28 (42) Abs. 3
UAbs. 2 S 1 EUV, "ihre militärischen Fähigkeiten schrittweise zu
verbessern". Die Kriege in der Vergangenheit und Gegenwart beweisen, dass
die Todesstrafe etwa gegen Soldaten, welche Befehle auszuführen sich
weigern, die militärischen Fähigkeiten einer Armee ungemein zu steigern
vermag. Die "Effizienz militärischer Maßnahmen kann auch durch die
Hinrichtung von Terroristen und Saboteuren oder nur vermeintlichen
Terroristen und Saboteuren erhöht werden, u.a.m. Die Praxis der Union, die
Texte über Pflichten der Mitgliedstaaten extrem auszudehnen, läßt auch eine
solche Interpretation nicht ausgeschlossen erscheinen, wenn die Lage es
gebietet oder nahelegt. Nebenbei bemerkt ist die Aufrüstungsverpflichtung
dieser Vorschrift mit dem Deutschland (Präambel des Grundgesetzes, Art. 1
Abs. 2, Art. 26 Abs. 1 GG) und auch Österreich bindenden Friedensprinzip
unvereinbar.
In der Erklärung betreffend die Erläuterungen zur Charta der Grundrechte,
die nach Art. 49b (51) EUV ("Anhang") Bestandteil der Verträge sind , also
deren Verbindlichkeit haben, steht:
"3. Die Bestimmungen des Artikel 2 der Charta entsprechen den Bestimmungen
der genannten Artikel der ERMK (Europäische Menschenrechtskonvention) und
des Zusatzprotokolls. Sie haben nach Artikel 52 Absatz 3 der Charta die
gleiche Bedeutung und Tragweite. So müssen die in der EMRK enthaltenen
"Negativdefinitionen" auch als TEil der Charta betrachtet werden:
a) Art. Abs. 2 EMRK:
Eine Tötung wird nicht als Verletzung dieses Artikels betrachtet, wenn sie
durch eine Gewaltanwendung verursacht wird, die unbedingt erforderlich ist,
um
a)jemanden gegen rechtswidrige Gewalt zu verteidigen;
b) jemanden rechtmäßig festzunehmen oder jemanden, dem die Freiheit
rechtmäßig entzogen ist, an der Flucht zu hindern;
c) einen Aufruhr oder Aufstand rechtmäßig niederzuschlagen".
b) Artikel 2 des Protokolls Nr. 6 zur EMRK:
Ein Staat kann in seinem Recht die Todesstrafe für Taten vorsehen, die in
Kriegszeiten oder bei unmittelbarer Kriegsgefahr begangen werden; diese
Strafe darf nur in den Fällen, die im Recht vorgesehen sind, und in
Übereinstimmung mit dessen Bestimmungen angewendet werden..."
Aufstände oder Aufruhre kann man auch in bestimmten Demonstrationen sehen.
Der tödliche Schußwaffengebrauch ist in solchen Situationen nach dem Vertrag
von Lissabon keine Verletzung des Rechts auf Leben. Im Krieg befinden sich
Deutschland und Österreich auch gegenwärtig.(Afghanistan) Die Kriege der
Europäischen Union werden mehr werden. Dafür rüstet sich die Union - auch
durch den Vertrag von Lissabon.
Karl Albrecht Schachtschneider (Aktuelle Ergänzung vom 7. März 2008 zum
"Reform-Vertrag"

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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